Innovative Operationstechnik

"Chirurgische Eingriffe ohne Bauchschnitt – als Zugang werden natürliche Körperöffnungen genutzt – europaweit erste Gallenblasenentfernung in Frankreich
(Paris, 30. Oktober 2007) Gastroenterologische Operationen, etwa an Gallenblase oder Blinddarm, könnten in Zukunft häufiger ohne belastenden Bauchschnitt durchgeführt werden. NOTES (Natural Orifices Translumenal Endoscopic Surgery) heißt das neuartige, in der Erprobung befindliche Verfahren, bei dem natürliche Körperöffnungen wie Mund, Darm oder Scheide als Zugang zum Operationsgebiet im Bauchraum gewählt werden. An der Universitätsklinik Straßburg, Frankreich, wurde auf diese Weise kürzlich europaweit die erste Gallenblase beim Menschen entfernt, erklärten Wissenschaftler bei der United European Gastroenterology Week (UEGW) in Paris, dem größten europäischen Kongress dieser Art.

'NOTES hat das Potenzial, die physische Gleichung, dass zu einer Operation immer auch eine körperliche Verletzung gehört, zu überwinden', glaubt Prof. Jacques Marescaux aus Straßburg. Ähnlich äußerte sich Prof. Paul Fockens aus Amsterdam, Niederlande: 'NOTES ist eine brandneue Entwicklung, die große Möglichkeiten bietet.' Das Verfahren, das derzeit geprüft werde und bislang erst wenige Male beim Menschen angewandt wurde, vermeide äußere Narben, reduziere operationsbedingte Schmerzen und verkürze die Heilungsdauer, so Prof. Fockens bei der UEGW-Tagung."

"NOTES gilt als konsequente Weiterentwicklung von der offenen Chirurgie über die auch als 'Schlüsselloch-Chirurgie' oder laparoskopische Chirurgie bezeichneten minimal-invasiven Operationsverfahren bis hin zu einer Behandlung, die ohne äußere Verletzung chirurgische Eingriffe im Bauchraum ermöglicht. Zu den Vorreitern bei der Entwicklung dieser neuen Operationsmethode gehören Prof. Marescaux und sein Team: 'Wir haben zwischen 2005 und 2007 über 225 solcher Operationen an lebenden Schweinen durchgeführt. Dabei wurden Gallenblasen, Nebennieren, Bauchspeicheldrüsen, Milzen und Teilstücke vom Darm entfernt. Das benötigte Operationsbesteck haben wir durch leistungsstarke und sehr flexible Endoskope über natürliche Körperöffnungen in die Bauchhöhle eingeführt'."

Erster Eingriff verlief komplikationslos
"Die Erfahrungen, die die Ärzte hierbei sammelten, kamen ihnen bei der europaweit ersten NOTES-Operation am Menschen zugute : Im Mai 2007 wurde in Straßburg einer Patientin die Gallenblase entfernt, indem die Mediziner die chirurgischen Instrumente vaginal einführten, das hintere Scheidengewölbe durchstießen und so in die Bauchhöhle gelangten. 'Die Operation wurde von einem multidisziplinären Team durchgeführt, zu dem auch ein Gastroenterologe und ein Gynäkologe gehörte', erläuterte Prof. Marescaux. Der Eingriff verlief komplikationslos: Alle Prinzipien, die auch bei einer herkömmlichen laparoskopischen Gallenblasenentfernung (Cholezystektomie) gelten, wurden strikt gewahrt, so Marescaux; zu keinem Zeitpunkt der Operation wurde erwogen, einen weiteren Zugang über die Bauchdecke zu legen. 'Die Patientin hatte keine postoperativen Schmerzen, keine äußerlich sichtbare Narbe und konnte schon am zweiten Tag nach der OP wieder nach Hause'."

Rasante Entwicklung, bei der noch nicht alle Fragen geklärt sind
"Ein ähnlicher Eingriff gelang inzwischen auch in Hamburg; wenig später wurde in Rostock, Deutschland, auf diese Weise ein Blinddarm erfolgreich entfernt. Weltweit geht man inzwischen von ungefähr 100 NOTES-Operationen aus. Die Entwicklung ist rasant, doch noch sind nicht alle Fragen vollständig geklärt : Zum einen befürchten viele Experten ein erhöhtes Infektionsrisiko, wenn beim Zugang über den Mund die Magenwand durchstoßen oder bei einem rektalen Vorgehen der Darm perforiert werden muss. In solchen Fällen könnten Bakterien in den Bauchraum gelangen und eine gefährliche Bauchfellentzündung auslösen. Zum anderen werden neue technische Geräte etwa zum Verschließen von Wunden oder zur besseren Sicht auf das Operationsgebiet benötigt."

UEGF hat Forschungsprogramm EURO-NOTES Foundation initiiert
"Es gibt inzwischen verschiedene Forschungsprogramme, die sich intensiv mit der neuen Operationstechnik beschäftigen. Die European Association for Endoscopic Surgery (EAES) und die European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE), die in der UEGF (United European Gastroenterology Federation) zusammen arbeiten, haben die EURO-NOTES Foundation ins Leben gerufen, an deren Spitze Prof. Fockens steht. Ein erster Kongress fand im September 2007 in Göteborg, Schweden, statt. Ähnlich wie die amerikanischen Gastroenterologen und Chirurgen plädieren auch die europäischen Experten für ein intensives Training der Operateure, für die Erstellung nationaler bzw. internationaler Register aller NOTES-Eingriffe sowie für vergleichende Studien zwischen laparoskopischen Operationen und NOTES. Prof. Fockens: 'Diese Maßnahmen sollen vor einer übereilten Einführung der zweifellos hoffnungsvollen, aber noch in der Erforschung befindlichen OP-Methode bewahren'."

'Mehrzahl gastroenterologischer Operationen können mit NOTES ausgeführt werden'
"Parallel werde intensiv an technischen Verbesserungen gearbeitet, sagte Prof. Marescaux. Neue computerassistierte Systeme, die 3D-Bilder aus dem Körperinneren liefern und automatisch das Endoskop kontrollieren, befinden sich bereits in der klinischen Erprobung. Er ist zuversichtlich: 'Wir wissen aus Versuchen, dass die Mehrzahl der laparoskopisch ausgeführten gastroenterologischen Operationen auch mit NOTES gemacht werden können. Dies wird sich nach und nach in der klinischen Praxis zeigen. Die Zukunft liegt in der Entwicklung endoskopischer Computer- und Roboter-Systeme, die dem Operateur die Arbeit erleichtern und dem Patienten noch größere Sicherheit gewährleisten'."

Quelle :
http://impressum.de

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